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Ausschnitt aus einem Grenzbegehungsprotokoll von 1609 (Dickers/Kneppe 2014, Abb. 1).

Die Landwehr von Senden-Bösensell und Münster-Albachten

Die Landwehr umschloss die ehemaligen Kirchspiele von Bösensell und Albachten auf einer Länge von über 20 km. Von dieser Strecke sind insgesamt noch über 4 km als obertägige Geländedenkmale erhalten. Ihr Verlauf ist dank ausführlicher Schrift- und Bildquellen aber nahezu lückenlos zu rekonstruieren.

Errichtet wurde die Kirchspiellandwehr um das Jahr 1321. Aus dieser Zeit stammt nämlich eine Urkunde, die über den in der Durchführung befindlichen Bau unterrichtet. Initiiert wurde die Errichtung durch Bischof Ludwig von Münster, der gezielt Landwehren um Kirchspiele im Umfeld der Stadt Münster errichten ließ. Dies geschah zum einen zum eigenen Machtausbau, zum anderen dienten die Befestigungen als weiträumiges Annäherungshindernis für seine zahlreichen Feinde, beispielsweise Rainald II. von Geldern, mit dem der Bischof zur Zeit der Errichtung der Landwehr in Fehde lag.

Nähere Informationen zur Landwehr

Verlauf der Landwehr

Die Landwehr umschloss annähernd herzförmig die beiden ehemaligen Kirchspiele Bösensell und Albachten. Der südlichste Punkt lag in Senden-Bredenbeck, im Zwickel zwischen der B235 und der Osthofstraße. Von dort verlief die Landwehr nach Nordosten bis zur östlichsten Ausdehnung im heutigen Münster-Mecklenbeck und beschrieb ab hier den rechten „Herzbogen“ bis knapp 400 m südöstlich unterhalb der Kreuzung zwischen Bösenseller Straße und Dalkamp in Münster-Roxel. Hier beginnend verlief der linke „Herzbogen“ zwischen Schapdetten-Tilbeck und Senden-Kley bis zu seiner westlichsten Ausdehnung ungefähr auf Höhe von „Kley 50“ in Nottuln. Von dort führte die Landwehr dann in einem sanften Bogen nach Südosten zurück bis zur „Herzspitze“ in Senden-Bredenbeck.

Dabei war der Befestigungsstreifen im Norden nicht durchgängig angelegt, sondern bezog zwei Waldstücke beziehungsweise Sumpfgelände mit ein, die aufgrund des unwegsamen Geländes keiner zusätzlichen Befestigung bedurften. Auf der Westseite in Höhe der heutigen Straße Kley 45 traf die Landwehr zudem auf zwei andere Landwehren der benachbarten Kirchspiele. Im Südwesten integrierte die Befestigung den Helmer Bach als natürliches Annäherungshindernis.

Verlauf der Landwehr von Bösensell und Albachten auf der Preußischen Uraufnahme (Grundlage: GeoBasis NRW 2019; Berab.: Altertumskommission/Priß).

Bauweise der Landwehr

Die ehemalige Kirchspiellandwehr bestand größtenteils aus zwei Wällen mit vor-, zwischen- und nachgelagertem Graben. Zwei kleinere Teilstücke in Münster-Roxel und bei Nottuln waren besonders stark ausgebaut, indem hier drei Wälle und fünf Gräben angelegt wurden. Insgesamt erreichte das Befestigungswerk somit eine Breite von 19 bis 30 m. Als zusätzliches Hindernis wurden die Wälle mit einer dichten Wehrhecke bepflanzt.

Insgesamt können die Standorte von Schlagbäumen, die einen Landwehrdurchlass absicherten, für acht Stellen nachgewiesen werden. Dies ist vor allem dank einer Niederschrift über eine Grenzbegehung von 1609 möglich, die verschiedene, noch heute gebräuchliche Namensbezeichnungen für einzeln liegende Hofstellen erwähnt. Da einige Nennungen nicht mehr zuzuordnen sind, müssen viele genannte Durchlassstellen unverortet bleiben.

Warttürme zum Schutz besonders gefährdeter Teilabschnitte der Landwehr sind für das hier beschriebene Bauwerk nicht bekannt.

Landwehrteilstück an der Bösenseller Straße (Altertumskommission/Priß).

Quellen zur Rekonstruktion des Landwehrverlaufes

Landwehren wurden, nachdem sie ihre Bedeutung im Laufe der frühen Neuzeit verloren haben, oft zugunsten der Ackerlandgewinnung eingeebnet. Daher werden neben physischen Spuren der Wälle und Gräben im Gelände oder ihren Niederschlägen in digitalen Geländemodellen vor allem Schrift- und Kartenquellen zur Rekonstruktion der ehemaligen Landwehrverläufe benötigt.

Dabei bilden Urkunden in öffentlichen Archiven wichtige Hinweise, auf die Bauzeit von Landwehren und die am Bau beteiligten Akteure. Aber auch Akten in Privatarchiven können über den Verlauf einer Landwehr oder den Standort eines Schlagbaumes Auskunft geben, da die Pflege der Wälle, Gräben und Hecken oder Schließdienste und Schutz eines Schlagbaumes teilweise Auflagen für die Verpachtung einer Hofstelle darstellten. In diesem Beispiel konnte der nördlichste Schlagbaum durch ein Privatarchiv verortet werden. Das bereits erwähnte Protokoll über eine Grenzbegehung, einen „Schnadzug“, enthielt neben den Schlagbaumstandorten auch Informationen über den Erhaltungszustand mancher Teilabschnitte der Bösenseller und Albachtener Landwehr.

Neben Schriftquellen sind vor allem alte Kartenwerke bei der Verlaufsrekonstruktion heranzuziehen, da sie die Landwehren als alte Grenzbefestigungen oft verzeichnen oder sie als wichtige Marken zur Orientierung in der Landschaft mitaufführen. Hier ist neben teilweise erhaltenen, lokalen Kartenwerken die Preußische Ur- und Neuaufnahme anzuführen, die Teilstücke von Landwehren, die zu dieser Zeit noch zahlreicher und besser erhalten waren, ebenfalls berücksichtigt.

Südlicher Verlauf der Landwehr in der Preußischen Neuaufnahme (Grundlage: GeoBasis NRW 2019; Bearb.: Altertumskommission/Priß).

Literatur

D. Zarnke, Die Landwehr von Senden-Bösensell, Kreis Coesfeld, und Münster-Albachten. Landwehren in Westfalen 6 (Münster 2020).

Weiterführende Literaturauswahl

U. Arends, Landwehren bei Münster. Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern 46 (Mainz 1981).

A. Dickers/C. Kneppe, Landwehren auf dem Stadtgebiet von Münster in alter und neuer Zeit. In: C. Kneppe (Hg.), Landwehren. Zu Erscheinungsbild, Funktion und Verbreitung spätmittelalterlicher Wehranlagen. VAK 20 (Münster 2014) 113-131.

D. Zarnke, Bodendenkmal mit System. Die Landwehren in Westfalen, AiWL 2016, 2017, 243-247.