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Das Grab in Soest-Hiddingsen nach der Freilegung 1934 mit einem kleinen Jungen, der im Schnitt sitzt (Bild: Stadtarchiv Soest).

Das Galeriegrab von Soest-Hiddingsen

 

Das Megalithgrab liegt auf dem Gebiet der Stadt Soest, im südlichen Ortsteil Hiddingsen, etwa 900 m vom Ortskern entfernt. Das Grab ist nicht besonders gut erhalten. Von der ehemals imposanten Anlage sind die Reste von 25 Steinplatten beziehungsweise Trockenmauerpackungen zu sehen, die nur wenige Dezimeter aus dem modern aufgeschütteten Kiesbett ragen. Davon gehören nur noch neun zur jungsteinzeitlichen Konstruktion. Bereits unmittelbar nach der Ausgrabung des Monuments im Jahr 1934 wurden fehlende Wandsteine ergänzt, allerdings ohne diese zu kennzeichnen. Seit ihrer Freilegung sind die Kalkplatten Witterungseinflüssen und Bewuchs ausgesetzt, was zu einer langsamen Auflösung der Steine führt.

Nähere Informationen zum Galeriegrab

Daten zum Galeriegrab

Das Großsteingrab ist 18,6 m lang, 2,8 m breit und Südwest-Nordost ausgerichtet. Die Wandsteine weisen Breiten zwischen 1,0 m und 2,5 m auf und sind noch zwischen 0,1 m bis 0,5 m mächtig. Die Platten wurden bereits bei der Ausgrabung 1934 stark abgeschlagen aufgefunden, sodass zu ihrer ursprünglichen Größe und zur Höhe der Grabkammer nur annähernde Aussagen getroffen werden können. Zur Konstruktion der Kammerwände gehören weiterhin kleinere Kalksteinplatten, die zwischen den Wandsteinen zu Trockenmauerwerk aufgeschichtet waren und heute in rekonstruierter Form vorhanden sind.

Grabungsplan mit Grundriss (Plan: nach Lange 1934, 153).

Funde

An Grabbeigaben wurden neben wenigen neolithischen Keramikscherben ein kleines Beil und mehrere Klingen aus Feuerstein sowie 13 Pfeilschneiden gefunden. Außerdem kamen sechs an der Wurzelspitze durchlochte Tierzähne und eine Perle aus Tierknochen zutage. Unter den Scherben war eine Wandscherbe, die aufgrund ihrer Verzierung der Kugelamphorenkultur zugeordnet werden kann. Funde dieser spät- bis endneolithischen Kultur finden sich gelegentlich in westfälischen Gräbern. Sie zeugen davon, dass die Anlagen noch einige Jahrhunderte nach ihrer Errichtung für Nachbestattungen genutzt wurden. Eindeutig der Wartbergkultur zugeordnet werden kann eine verzierte Randscherbe mit einziehendem Rand. Die trapezförmigen Pfeilschneiden sind hingegen für die nordwestdeutsche Trichterbecherkultur typisch. Weiterhin stammt das Rohmaterial einiger anderer Feuersteingeräte aus dem niederländisch-belgischen Maasgebiet.
Für die knapp 100 Bestattungen sind dies insgesamt sehr wenige Beigaben. Betrachtet man alle Megalithgräber in der Hellwegzone, im Paderborner Raum und der Warburger Börde, wirkt diese Beigabenarmut jedoch typisch für die Region.

Scherben und Silexgeräte aus dem Grab Soest-Hiddingsen (nach Schierhold 2012; Zeichnung: T. Maertens; Grafik: Altertumskommission/Köhler).

Die kulturelle Einordnung

Die Hellwegzone bildet den nordwestlichen Verbreitungsrand von Galeriegräbern der Wartbergkultur. Von Nordwesten her reicht das Gebiet der Trichterbecherkultur bis nahe an den Bereich der Soester Gruppe der Wartbergkultur heran, sodass sich die Hellwegzone hier als Kontaktbereich von zwei gleichzeitigen, aber unterschiedlich ausgeprägten Bestattungsphänomenen erweist. Während die Bauweise des Grabes von Soest-Hiddingsen typisch für die Wartbergkultur ist, zeugen einige der Beigaben von engen Kontakten zur Trichterbecherkultur. Die für Gräber der Trichterbecherkultur typischen großen Mengen an Gefäßkeramik hingegen fehlen, und unter den wenigen Scherben kann eine eindeutig der Wartbergkultur zugewiesen werden. So spricht einiges für eine Zuordnung zur Wartbergkultur. Dass die Menschen der Trichterbecherkultur nicht weit entfernt lebten, zeigen charakteristische Keramik- und Silexfunde bei Soest-Paradiese in etwa 6 km Luftlinie zum Grab. Endgültig klären wird sich die kulturelle Zugehörigkeit erst, wenn die zugehörige Siedlung entdeckt und ausgegraben worden ist.

Lage der Skelettreste im Grab (Foto: LWL-Archäologie/Außenstelle Olpe).

Das Galeriegrab von Soest-Hiddingsen als 3-D-Punktwolke

Die 3-D-Punktwolke wurde mit "Image-Based-Modeling" erstellt. Sie ähnelt den Bildern von Laserscannern, wirkt jedoch wie eine digitale Kopie. Das Modell dient auch als digitale Vermessung, bei der die sichtbaren Unterseiten der Steine zu sehen sind.

Literaturverzeichnis

I. Pfeffer/K. Schierhold, Das Galeriegrab von Soest-Hiddingsen, Kreis Soest. Mit Beiträgen von C. Meyer und L. Klinke. Megalithgräber in Westfalen 5 (Münster 2020).

Eine Auswahl weiterführender Literatur:

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W. R. Lange, Die Steinkiste von Hiddingsen, Kreis Soest. Heimatkalender des Kreises Soest 1936 (Soest 1935) 70-74.

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I. Pfeffer, Ein Grab für 100 Menschen. Die Steinkiste in Soest-Hiddingsen. In: N. Wex (Hrsg.), Soester Schau-Plätze. Historische Orte neu erinnert. Soester Beiträge 59. (Soest 2006) 326-331.

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S. Pinell/K. Schierhold, Leben in Sichtweite zum Grab? Auf der Suche nach der Siedlung zum Megalithgrab von Soest-Hiddingsen. In: W. Melzer (Hrsg.), Neue Forschungen zum Neolithikum in Soest und am Hellweg. Soester Beiträge zur Archäologie 13 (Soest 2013) 321-333.

K. Schierhold, Galeriegräber in der Hellwegzone: Die Soester Gruppe. In: B. Stapel/H.-O. Pollmann/M. Baales (Hrsg.), Westfalen in der Jungsteinzeit (in Druckvorbereitung).